Wirtschaftsmacht Krankmacher Zucker und Alkohol
Wegen diverser Wehwehchen hat mir vor Jahren ein TCM-Arzt (Traditionelle Chinesische Medizin) geraten, auf die ketogene Ernährung umzusteigen. Das fiel mir insofern schwer, da ich meinen Fleischkonsum reduziert hatte und auf dem besten Weg war, Vegetarierin zu werden.
Keto heißt – um es kurz zu halten – keine bis ganz wenig Kohlenhydrate zu konsumieren.
In den ersten zwei Wochen träumte ich ständig vom knackigen Geräusch, das entsteht,
wenn ich in ein Magnum beiße. Wie in der Werbung: Release the Beast. Die Bestie ist bei mir
nach wie vor der Pawlow'sche Hund. Denn mir läuft noch heute das Wasser im Mund
zusammen, wenn ich dieses schreibe. Knack, Zunge über die Lippe. Kennt ihr bestimmt.
Mein Arzt sagte damals, ich wäre auf Turkey. Mit der Zeit ließen die Entzugserscheinungen nach und ich hatte überhaupt keine Lust mehr auf Süßes. Die Pfunde purzelten, die Wehwehchen blieben. Auch ein Grund, warum ich immer mehr getrunken haben. Mich hat es so genervt, wenn ich nach einem Arbeitstag nach Hause kam und mir alles wehtat, also wirklich alles. Buchstäblich von den Schultern bis zu den Zehen. Nach zwei Gläsern Wein ging’s besser. Immer wieder die pure Erleichterung, wenn die Muskulatur lockerer wurde und der Schmerz nachließ. Bei zwei Gläsern Wein blieb es dann meistens nicht. Es wurde immer mehr. Aber jetzt erst einmal weiter mit der ketogenen, also zuckerfreien Ernährung.
Mir ist anfangs extrem aufgefallen, was der Zucker doch für eine Lobby hat und was für eine riesige Wirtschaftsmacht dahintersteht. Geht man in den Supermarkt, sieht man überall Zucker. Es geht am Eingang los. Ja, Obst enthält auch viel Zucker, bis zum sogenannten Quengel-Regal, das so niedrig angebraucht ist, dass Kinder es schön griffbereit im Blickfeld haben und ihre – meist Mütter – nerven, weil sie schon etwas davon in ihren Patschehändchen halten, so schnell kann man gar nicht aufpassen. Sofort geht das Rumgejaule los, Kinder werfen sich auf den Boden und kreischen und zappeln, bis die Mütter entnervt aufgeben. Man will ja nicht unangenehm auffallen. Und so wird die Kundschaft von morgen schon ganz früh an die Droge Zucker gewöhnt.
Jetzt, nachdem ich entschieden habe, nüchtern zu leben und die ersten 55 Tage absolviert habe, fallen mir die Strategien, der Lobbyismus und die Wirtschaftsmacht besonders extrem beim Alkohol auf. Es wird gelockt, quasi bis der Arzt kommt. Überall. Von der Apotheke (als Heilmittel verpackt), über die Supermärkte, bis hin zur Tankstelle. Null Promille am Steuer wird hier für Alkoholiker auch nicht gerade zum Kinderspiel. Dazu habe ich gerade Folgendes auf Twitter gelesen:
„Gerade gesund aussehenden und gut situierten Mann erlebt, wie er zwei Flachmänner Wodka kauft, sich in sein Auto setzt, zwei Minuten nachdenkt, wieder aussteigt und die beiden Flaschen am Eingang in den Mülleimer wirft und erst dann wegfährt. Schwer und gut so!“
An beinahe jeder Kasse im Supermarkt stehen Displays mit Angeboten für Gin & Co. und im Regal direkt über dem Kassenband die kleinen Ex-und-Hopp-Flachmänner. Gleich am Eingang im Gemüsebereich lockt der Weißwein, der ja so unglaublich perfekt zum Spargel passt. Somit können anfällige Kund/Innen von der ersten bis zur letzten Sekunde in die Zange genommen werden. Sehr schwer für den guten Vorsatz, heute mal nicht zu trinken. Was für ein krankes Geschäftsmodell. (Dass es bei der Entscheidung nur 15 Sekunden braucht, ob die Flasche im Einkaufswagen liegt oder nicht, hatte ich euch in meinem ersten Blogeintrag aus dem Buch "Quit like a Woman" übersetzt.)
Gibt es einen Fernseh- oder Spielfilm, in dem nicht getrunken wird? Mir fällt dazu nicht viel ein. Außer das Dschungelbuch oder Cinderella vielleicht. Aber wer weiß, was King Lois oder die böse Stiefmutter getrieben haben, wenn die Disney-Zeichner frei hatten. Auch in Romanen wird gebechert. Überall. Es ist so gesellschaftsfähig. Der Mensch will sich betäuben, er will nicht durch schöne Gespräche oder schöne Gedanken gut draufkommen. Hemmungen durch Training und Therapien abzubauen, ist dann auch zu anstrengend. Oder?
Wir lernen unser Verhalten meist schon in der frühen Jugend. Zum ersten Mal Knutschen fällt leichter, wenn man einen sitzen hat. So wird der Rausch des ersten Kusses durch den Rausch durch den Alkohol übertüncht. Wie früh da unser Gehirn getrimmt wird. So war’s auf jeden Fall bei mir. Im Partykeller heimlich betrinken. Sobald alle Hemmungen gefallen sind, ging’s los mit der Knutscherei.
Da die Steuereinnahmen so hoch sind, die aus unserem krankmachenden, gelernten Alkoholkonsum entstehen, wird die Politik auch nichts unternehmen. Das kann wirklich nur jeder Einzelne für sich entscheiden, welchen Weg er gehen möchte. Meine ersten Schritte daraus begannen mit „Nüchtern“ von Daniel Schreiber und dem Podcast von Nathalie Stüben.
Apropos Politik:
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