333 Tage Nüchtern
Was für ein Meilenstein. Als ich das erste Mal in der Facebookgruppe von OAMN schrieb, hatte ich gerade Nathalie Stübens 30-Tage-Programm absolviert. Auf der einen Seite eine Ewigkeit, auf der anderen dann doch nicht. Unglaublich, was in dieser Zeit alles so passiert ist. Und das bewusst, ohne Nebel.
Großartige Anläufe, nüchtern zu werden, hatte ich vorher nur 1 x und zwar als ich das Buch von Holly Whitaker angefangen hatte, zu lesen. Betonung liegt auf „Angefangen“. Dass ich süchtig nach Alkohol war, war mir circa ein Jahr vorher klar. Wie viele andere versuchte ich erst mal, moderat zu trinken. Für jeden Tag ohne Alkohol notierte ich mir ein blaues Herz (warum eigentlich blau für nüchtern? Egal.) in den Kalender meines Handys. Auf die blauen Herzen folgten häufig Abstürze. Ich war sicherlich 2 x die Woche verkatert. Nachts bin ich mit Herzflattern aufgewacht. Aber auch daran hatte ich mich gewöhnt. Krass.
Ich hätte mir nie vorstellen können, aufs Trinken zu verzichten. Häufig habe ich diese Tests gemacht „Bin ich Alkoholikerin“. Ich war übrigens wildentschlossen, so lange bei meinem Trinkverhalten zu bleiben, bis ich körperlich abhängig bin, um dann in eine schicke Rehab-Klinik einzuchecken. Krass, wie man sowas romantisieren kann.
Als ich mich beobachtet habe, wie meine Hand von einer unsichtbaren Macht zur Ginflasche griff, obwohl ich an dem Tag nicht trinken wollte, war mir klar, dass ich süchtig bin. Anscheinend hat bei mir eine Suchtverlagerung stattgefunden. Denn diese unsichtbare Hand, oder Marionettenfäden würden es auch treffen, kannte ich aus meiner Zeit der Ess-Brech-Störung. Nach vielen hochspannenden Therapiestunden habe ich aufgehört, mir nach dem Vollstopfen den Finger in den Hals zu stecken. Ich weiß genau, wann das letzte Mal war. In Venedig in Harry’s Bar, einen Abend bevor Diana verunglückte. Vergisst man also nie.
Sehr häufig habe ich Stoßgebete losgelassen, bevor es auf irgendwelche Partys oder Mädelsabende ging. Mein letztes ließ ich vor der Hochzeit meines Neffens los: „Bitte lass mich nicht so viel trinken, dass ich durch den Saal wanke oder noch schlimmer, in die Hochzeitstorte falle.“ Also übertrieben gesagt. Das war am 4.6.2022. Zwei Wochen vorher sagte auf meinem Geburtstag ein sehr lieber Freund zu mir: „Du trinkst zu viel.“ Dabei war der Abend noch vergleichsweise harmlos.
Als ich an einem Sommerabend friedlich und glückselig nach einer Flasche Weißwein noch nicht genug hatte und mir doch einen großen Gin T. einschenkte, wusste ich noch nicht, dass das mein letzter Gin wird. Am nächsten Morgen hat’s Klick gemacht. Zuerst habe ich mir das Buch „Nüchtern“ von Daniel Schreiber bestellt, danach habe ich ab Tag 9 mit Nathalie Stübens Programm begonnen. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Ich kann wirklich nur jedem raten, der mit der gesellschaftlich völlig verharmlosten Droge Alkohol ein Problem hat, nicht zu lange zu warten, damit aufzuhören. Es wird nicht besser. Das hat diese Droge nun mal an sich. Für mich waren die 30 Tage mit Nathalies Programm magisch. Rosa Wolken inklusive. Ich denke aber, dass man diesen Schritt mit Haut und Haaren gehen muss. Hinterfragt nichts im Programm, auch wenn euch das eine oder andere seltsam vorkommt. Schafft Verbindlichkeit, sucht euch Sober-Freunde -und Freundinnen. Nathalie hat extrem viel recherchiert und ihr gesamtes Wissen komprimiert in dieses Programm gesteckt. Das wird euch klar, sobald ihr die von ihr empfohlene Quit-Literatur lest. Das gehörte zu meiner Therapie dazu. Früh ins Bett gehen und lesen, lesen, lesen. Alles auf Englisch. Das hat mich noch konzentrierter ins Thema gezogen. Ganz nebenbei habe ich noch mein Englisch entrostet. Win-Win. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass man nicht einfach nüchtern werden kann. Für mich gehörte ganz viel Cocooning und die Gehirnforschung dazu. Meinen ersten richtig heftigen AHA-Effekt hatte ich, als ich in Holly Whitakers Buch zum Thema „Was passiert in unserem Gehirn“ kam. Siehe meinen ersten Blogeintrag "50 Tage nüchtern".
Nächster Meilenstein: Erster Sober B-Day.
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